Zwischen
uni
Hölle
Sprays bewaffnet, entlockte ich der Anlage
immer faszinierendere Klangbilder.
Je mehr ich erfolgreich ausprobierte, des-
to neugieriger wurde ich,noch weiter in die
schillerndeTerra incognita des HiFi-Kosmos
einzudringen. Ein Weg ohne Wiederkehr?
Und was war dabei aus meiner Musiklei-
denschaft geworden? Konnte ich mich noch
so wie früher einfach vor die Anlage setzen
und
meinen
Lieblingsscheiben
lauschen?
Nein! Stets ging mir im Kopf herum, ob ich
nun tatsächlich der hifidelen Wahrheit letz-
ten Schluss gefunden hätte. Ich vermute,Sie
kennen das.
Das kann ganz schön zermürben, wenn
man sich dauernd fragen muss, ob Placido
Domingos Timbre so schmelzig ‘rüber-
kommt, wie’s sein soll, ob AC/DC ihren
knochentrockenen Sound ungebremst von
der Leine lassen oder ob Jack De 'Johnettes
ätherisches HiHat-Spiel genug Aura ver-
strömt. Fragen über Fragen. Und die Ant-
w ort kennt man erst, wenn man’s versucht
hat. Aber jetzt ist Schluss! Ich ziehe die N ot-
bremse. Ich will wieder Musik hören und
nicht nur Klänge. Liebe Kollegen, nehmt eu-
er verführerisches Teufelszeug und gebt mir
dafür meine HiFi-Unschuld zurück. Denn
das Göttliche ist und bleibt für mich die Mu-
sik - okay, wenn sie über eine höllisch gute
Kette spielt.
Andreas Kunz
Musik war sein Leben, bis Andreas Kunz zu STEREO kam und ihn
die HiFi-Faszination packte. Die Geschichte eines Interessenkon-
flikts. Ausgang offen
B
ereits als Kind lauschte ich hinge-
bungsvoll der einzigen Inkarnation
des Göttlichen, die auf diesem ge-
schundenen Planeten existiert: der Musik.
Und auch, wenn ich später bei zermürben-
den
Klavier-Fingerübungen
von
Czerny
schwitzte, bei meinem Studium der Musik-
wissenschaft Orchester-Partituren analy-
sierte und mich damit intellektuell ausein-
andersetzen musste, ob sich mit Arnold
Schönbergs
Kammersymphonie
tatsäch-
lich die „vom Identitätszwang befreite Sich-
selbstgleichheit“
(Adorno)
verwirklichen
ließe - meiner naiven Freude an Musik
konnte das nichts anhaben. Selbst wenn ich
diese nur aus einem schäbigen Kofferradio
dudeln hörte. Und dann wurde einTraum
wahr: Ich fand mich als Musikredakteur
der STEREO wieder. Plötzlich stand mir
die ganze W elt derMusik offen: CDs.
Konzerte, Kontakt mit Künstlern. Ich ju-
belte! Aber da bahnte sich das Elend
schon an.Während mir im STEREO-Hör-
raum beim wunderschönen Album „Here s
To Ben“ noch die Nackenhaare zu Berge
standen, weil Sängerin Jacintha so lasziv
schnurrte, war der Zauber auf meiner hei-
mischen Anlage erloschen, der Eindruck er-
nüchternd. W ie merkwürdig matt und
konturenlos klang das alles auf einmal, die
Höhen weniger ziseliert, derRaum kaum
hörbar. Schlimm, wie schnell man verwöhnt
ist. Nein, das wollte ich meinen sensibilisier-
ten Ohren nicht mehr antun, da musste sich
etwas ändern! Schnell hatte ich mir meine
ebenso günstigen wie guten Wunschkom-
ponenten nach Hause geschleppt. Und die
wohlmeinenden Kollegen, diese Verführer,
gaben obendrein jede Menge Tipps, wie’s
noch besser klingen könnte.
Und tatsächlich! Mit dicken Kabeln,solider
Netzleiste, allerlei Gerätepucks und CD-
HIFI-TUNING STEREO
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